Umberto Eco – Zwischen Autor und Text

„Zwischen der unergründlichen Intention des Autors und der anfechtbaren Intention des Lesers liegt die transparente Textintention, an der unhaltbare Interpretationen scheitern.“ In seiner Vorlesung „Zwischen Autor und Text“ beschäftigt sich Eco genau mit diesem Zwischenraum der Textintention und versucht die Grenzen einer guten Textintention weiter zu konkretisieren, indem er weniger auf den Leser als auf die Bedeutung des Autors für die Textinterpretation eingeht.

Zunächst sind zwei wichtige Faktoren bei der Interpretation eines Textes zu beachten.

  1. Die Anerkennung von kulturellen und sprachlichen Hintergründen.
  2. Die Interpretation muss aufgrund von Sprache erfolgen und nicht basierend auf der Frage welche Intention der Autor gehabt haben könnte.

Diese beiden Faktoren spielen vor allem für die Definition des sogenannten exemplarischen Autors eine Rolle. Dieser konstruiert seine Texte so, dass Leser im Austausch mit ihrem eigenen Wissen, die Motive und Intentionen des Textes klar erkennen können.

Eco definiert aber noch einen zweiten Typ Autor, den er empirischen nennt. Dieser stellt quasi den außerhalb des Textes stehenden Produzenten dar. Zunächst beschließt Eco, das dieser Autortypus keine Rolle in der Textinterpretation spielt. Anschließend revidiert er seine Meinung jedoch und schließt, dass ein noch lebender Autor sehr wohl zur Interpretation des Textes befragt werden sollte. Diese Befragung kann aufzeigen, welche „großen Diskrepanzen zwischen der Intention des Autors und der Textintention bestehen“.

Eco nimmt sich selbst und seine beiden Romane Il nome della rosa und Il pendolo di Foucault als Beispiel um aufzuzeigen, dass viele Interpretationen seiner Romane von ihm verneint werden können, obwohl sich vielleicht Analogien zu seinem Leben und seinen Werken darin finden ließen. Jedoch betont er auch dass „in manchen kritischen Analysen […] Einflüsse nachgewiesen [sind], die mir beim Schreiben nicht bewusst waren, doch gewiß habe ich diese Bücher in meiner Jugend gelesen, so daß sie unbewußt nachwirken konnte.“

Außerdem definiert Eco auch Kriterien zum Ausschluss des empirischen Autors aus der Textintention. „Sofern Wörter eine verbindliche Bedeutung haben, besagt der Text nicht, was jeder Leser – der seine eigenen Motive gehabt haben muß – zu lesen glaubte.“

Eine weitere kritische Fragestellung wirft sich im Laufe seiner Abhandlung auf, nämlich, inwiefern Interpretationen überhaupt ausgeschlossen werden können, wenn Wörter diese zu rechtfertigen scheinen.

Eco kommt zu dem Schluss, dass bestimmte Aussagen durch „glückliche Fügungen“ oder „unbewußte[r] Mechanismen“ zustande kommen. Für den Leser sei es unabdingbar sich auf die linguistische Komposition eines Textes zu beziehen und diese von der genuinen Entstehung dieser Komposition durch den exemplarischen Autor abzugrenzen.

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